Medienmitteilung

Umfrage zeigt Nachholbedarf bei Wissen über psychische Gesundheit

Bern, 29. Juni 2021. In der Schweiz gibt es immer mehr Menschen, die unter psychischer Belastung leiden. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung verstärkt. Eine repräsentative Befragung von Gesundheitsförderung Schweiz zeigt, dass viele Menschen wissen, wie sie ihre psychische Gesundheit stärken können oder wo es Hilfe gibt. Für gewisse Bevölkerungsgruppen ist es aber schwierig, Informationen zu finden, zu verstehen und nutzenbringend anzuwenden. Kritisch ist zudem, dass über ein Drittel der Bevölkerung angibt, andere nicht mit den eigenen Problemen belasten zu wollen und sie dies davon abhält, bei psychischen Belastungen Hilfe zu suchen.
29.06.2021, 07:00

Wenn es um psychische Gesundheit geht, ist eine Mehrheit der Bevölkerung in der Schweiz sensibilisiert: Für 60 Prozent ist die Pflege der eigenen psychischen Gesundheit sehr wichtig. Doch nur 46 Prozent geben an, gut zu wissen, was sie konkret tun können, um die eigene psychische Gesundheit zu stärken. Dies ist eine der zentralen Erkenntnisse der jüngsten repräsentativen Befragung von Gesundheitsförderung Schweiz zur psychischen Gesundheitskompetenz in der Schweiz.

Die im Januar 2021 durchgeführte Umfrage zeigt, dass ein grosser Teil der Befragten die Corona-Krise als markante psychische Belastung empfindet: Im Vergleich zur letzten Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) des Bundesamtes für Statistik im Jahr 2017, bei der lediglich 15 Prozent der Bevölkerung der Schweiz eine mittlere bis starke psychische Belastung verzeichneten, sind es in der nun vorliegenden Umfrage von Gesundheitsförderung Schweiz 40 Prozent. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Stärkung der psychischen Gesundheitskompetenz noch wichtiger wird.

Es fehlt an Faktenwissen

Nur 45 Prozent der Befragten sagen aus, bewusst etwas für die Pflege der psychischen Gesundheit zu tun. Aber wenn sie dies tun, dann tendenziell mit positiven Folgen: Je häufiger eine Person ihre eigene psychische Gesundheit stärkt, desto seltener ist sie von längerfristigen psychischen Tiefs betroffen. Um die eigene Psyche zu stärken, wird von vielen das Erleben von Entspannungsmomenten (73 Prozent) als sehr hilfreich empfunden; sich selbst zu akzeptieren, wie man ist (69 Prozent), den Kontakt im Freundeskreis zu pflegen oder Aktivsein (je 68 Prozent) werden ebenfalls als nützlich eingeschätzt.

Wer jedoch belastet ist, weiss oft zu wenig, wo es Informationen zum Thema psychische Gesundheit gibt: Lediglich 41 Prozent halten es für einfach, Informationen zu finden. Am einfachsten wird der Zugang zu Informationen über das Internet wahrgenommen. Doch oft werden diese – wie auch Informationen in Büchern oder Broschüren – als schwer verständlich empfunden, insbesondere von Personen im Alter von über 80 Jahren sowie von solchen mit tiefem Bildungsniveau. Informationen auf Websites werden zudem eher für unzuverlässig gehalten.

Ein Drittel der Bevölkerung will andere nicht belasten

Halten psychische Belastungen über längere Zeit an, besteht die Gefahr, dass sich daraus eine psychische Erkrankung entwickelt. Darum ist es wichtig, Belastungen früh wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Wer über psychische Belastungen offen sprechen kann, findet rascher Unterstützung. Die Befragung von Gesundheitsförderung Schweiz zeigt, dass die Angebote zur Unterstützung in Krisensituationen gut bekannt sind, wenn auch nicht bei allen Teilgruppen der Gesellschaft gleichermassen. Die meistgenannte Anlaufstelle im Falle einer psychischen Erkrankung ist das enge Umfeld (Freundeskreis, Partnerschaft, Familie), aber auch Hausärztinnen und Hausärzte sowie Psychiaterinnen und Psychiater werden in Betracht gezogen.

Kritisch ist jedoch, dass über ein Drittel der Bevölkerung angibt, andere nicht mit den eigenen Problemen belasten zu wollen. Dies ist eine starke Barriere, um sich im Falle einer psychischen Krise, Hilfe zu holen. 21 Prozent sagen, sie hätten «keine Lust, über ihre psychischen Probleme zu sprechen», 18 Prozent ist es peinlich – man schäme sich, wenn man von einer psychischen Erkrankung betroffen sei – und 12 Prozent geben an, keine sozialen Kontakte zu haben, mit denen sie über psychische Probleme sprechen können. Auch die Kosten, welche die Inanspruchnahme professioneller Hilfe mit sich bringen könnte, halten einen Teil der Bevölkerung davon ab.

Bei Menschen über 80, Menschen mit tiefem Bildungsniveau und Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft, aber auch bei Männern mehr als bei Frauen, sind diese Barrieren stärker ausgeprägt.

Förderung der psychischen Gesundheit beginnt mit Information

Die Information der Bevölkerung über Möglichkeiten zur Förderung der psychischen Gesundheit ist wichtiger denn je, wie die Befragung zeigt. Der Zugang zu Wissen, was man selbst tun kann und wo es Hilfe gibt, muss durch zielgruppenadäquate Kommunikation und niederschwellige psychische Hilfsangebote ausgebaut werden. Die Information sollte dabei über viele verschiedene Kanäle erfolgen und sich auch gezielt an vulnerable Zielgruppen richten.

Gesundheitsförderung Schweiz engagiert sich seit Jahren für die Förderung der psychischen Gesundheit in allen Lebensphasen mit den Kantonen, den Betrieben und den Gesundheitsversorgern. Sie unterstützt die Sensibilisierung der Bevölkerung unter anderem durch die beiden sprachregionalen Kampagnen «Wie geht’s dir?» (Deutschschweiz) und «Santépsy.ch» (lateinische Schweiz). Diese tragen dazu bei, die eigene psychische Gesundheit zu stärken und bieten Hand, wenn professionelle Hilfe gesucht wird.

Insbesondere die durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen besonders belasteten Personen wie Jugendliche, Eltern und ältere Menschen spricht Gesundheitsförderung Schweiz mit spezifischen Massnahmen direkt an – zum Beispiel mit Projekten wie «PsyYoung» für Jugendliche und junge Erwachsene, «Angebotsförderung Schritt:weise und Ping:pong regional» für Kinder aus belasteten Familien, «CareMENS» für ältere Menschen, «HEKS AltuM – Alter und Migration» für ältere Migrantinnen und Migranten sowie ihre Angehörigen oder «ProPCC» für Psychiatriepatientinnen und -patienten.

Zur Befragung

Die hier vorliegenden Aussagen sind das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von Gesundheitsförderung Schweiz zur psychischen Gesundheitskompetenz in der Schweiz, die vom 6. bis 31. Januar 2021 stattfand. Befragt wurden 3297 Personen zwischen 15 und 95 Jahren aus der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz, durchgeführt durch das Forschungsinstitut Intervista.

Informationen im Internet:

Weitere Medien-Informationen

Das Faktenblatt zur repräsentativen Befragung von Gesundheitsförderung Schweiz zur psychischen Gesundheitskompetenz in der Schweiz finden Sie unter diesem Link: www.gesundheitsfoerderung.ch/faktenblatt-60.

Für weitere Auskünfte oder Fragen steht Ihnen die Medienstelle von Gesundheitsförderung Schweiz per E-Mail medien@gesundheitsfoerderung.ch oder unter der Telefonnummer 031 350 04 26 zur Verfügung.

Gesundheitsförderung Schweiz

Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Oberstes Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bern und Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen monatlichen Beitrag von 40 Rappen zugunsten von Gesundheitsförderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird.