Medienmitteilung

Der Anteil der übergewichtigen Schulkinder bleibt vorerst trotz Corona stabil

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Bern, 12. Mai 2022. Übergewicht ist in der Pandemie nicht häufiger geworden. Die Ergebnisse des jüngsten BMI-Monitorings der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz aus dem Schuljahr 2020/21 zeigen, dass der Lockdown und die Schulschliessungen im Frühling 2020 zwar zu einem vorübergehenden mutmasslichen «Corona-Effekt», nicht aber zu einer längerfristigen Zunahme von übergewichtigen Kindern geführt haben. Ob diese Entwicklung anhält, muss jedoch weiterhin beobachtet werden. Eine weitere Analyse zeigt, dass die Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern etwas tiefere Übergewichtsprävalenzen aufweist.
12.05.2022, 12:35

Seit 2005/06 wertet Gesundheitsförderung Schweiz die Angaben der schulärztlichen Dienste zum Body-Mass-Index (BMI) von Schülerinnen und Schülern aus den Städten Basel, Bern und Zürich für das jährliche BMI-Monitoring aus. Die Auswertung der neuesten Daten gibt erstmals Aufschluss über die Auswirkungen der Pandemiemassnahmen auf das Gewicht von Kindern und Jugendlichen. Im Schuljahr 2020/21 waren über alle Schulstufen betrachtet 17,4 Prozent der 12'843 untersuchten Schülerinnen und Schüler übergewichtig, davon 4,8 Prozent adipös. Der Anteil der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen liegt somit nur knapp über dem Vorjahreswert von 17,1 Prozent. Der Vergleich mit früheren Jahren zeigt darüber hinaus, dass der Anteil übergewichtiger Schulkinder in den drei Städten auch in der Mehrjahresperspektive stabil bleibt.

Weiterhin nimmt die Häufigkeit von Übergewicht mit steigendem Alter deutlich zu. So waren im Schuljahr 2020/21 ein Viertel der Jugendlichen auf der Oberstufe übergewichtig oder adipös, während im Kindergarten nur jedes achte Kind von Übergewicht betroffen war.

Abbildung 1: Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder auf verschiedenen Schulstufen, 2018/19 bis 2020/21 (Basel, Bern, Zürich zusammen)

Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder auf verschiedenen Schulstufen, 2018/19 bis 2020/21 (Basel, Bern, Zürich zusammen)

«Corona-Effekt» nur vorübergehend beobachtet

Die Ergebnisse des jüngsten BMI-Monitorings sind bemerkenswert, denn im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wurde befürchtet, dass der Lockdown und die Schulschliessungen im Frühling 2020 sowie die über längere Zeit eingeschränkten Sport- und Bewegungsmöglichkeiten zu einer deutlichen Zunahme von Übergewicht bei den Kindern und Jugendlichen führen könnten. Dies war bislang nicht der Fall. Allerdings gibt es Hinweise auf einen kurzfristigen mutmasslichen «Corona-Effekt»: Dort, wo die schulärztlichen Untersuchungen kurz nach den Sommerferien und damit vergleichsweise kurz nach dem Lockdown durchgeführt wurden, zeigt sich ein deutlicher Anstieg des Anteils übergewichtiger und adipöser Schülerinnen und Schüler, während dies in den Schulen mit einem späteren Untersuchungstermin nicht der Fall ist. Der Effekt des Lockdowns scheint sich bis 2021 demnach über weite Strecken wieder ausgewachsen zu haben. Bei Kindern, die bereits zuvor an Adipositas litten, gibt es allerdings Hinweise auf eine Gewichtszunahme. Diese Befunde sind allerdings mit Vorsicht zu behandeln, denn die Entwicklung muss längerfristig weiter verfolgt werden.

Herkunft und Wohnort spielen weiterhin eine zentrale Rolle

Unverändert bleiben auch im Schuljahr 2020/21 die Unterschiede nach Staatsangehörigkeit, sozialer Herkunft und Wohnquartier bestehen. Das heisst: Ausländische Kinder und Kinder von Eltern mit einem tiefen Bildungsstand sind nach wie vor deutlich häufiger von Gewichtsproblemen betroffen als andere Kinder. Tatsächlich stehen 15,4 Prozent übergewichtige Kinder mit Schweizer Nationalität 22,6 Prozent übergewichtigen Kindern mit ausländischer Staatsangehörigkeit gegenüber. Noch deutlicher sind die Unterschiede nach sozialer Herkunft, denn Kinder von Eltern ohne nachobligatorische Ausbildung sind über dreimal häufiger von Übergewicht betroffen (32,5%) als Kinder von Eltern mit einem Hochschulabschluss (9,7%). Der Anteil übergewichtiger Kinder von Eltern mit einem Lehrabschluss liegt mit 22,7 Prozent dazwischen.

Schweiz steht im internationalen Vergleich gut da

In der Schweiz ist rund jedes sechste Schulkind übergewichtig oder adipös. Obwohl dieser Wert hoch ist, steht die Schweiz im internationalen Ranking gut da. In den Nachbarländern Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich sind mehr Kinder und Jugendliche von Übergewicht betroffen. Resultate aus den Studien der «NCD Risk Factor Collaboration» zeigen, dass sich die Entwicklung bei den 5-Jährigen zwischen 2005 und 2016 in allen fünf Ländern verlangsamt hat. Der am 02. Mai 2022 veröffentlichte Bericht zu Übergewicht der WHO Europe bezieht sich teilweise auf dieselben Daten.

Abbildung 6: Entwicklung des Anteils übergewichtiger 5-Jähriger in fünf Ländern, 1985-2016

b) weiblich

Entwicklung des Anteils übergewichtiger 5-Jähriger in fünf Ländern, 1985-2016 weiblich

b) männlich

Entwicklung des Anteils übergewichtiger 5-Jähriger in fünf Ländern, 1985-2016 männlich

Quelle: https://ncdrisc.org/overweight-prevalence-map-ado.html

Anteil der Übergewichtigen (inkl. Adipösen): Anteil an Personen, die mehr als eine Standardabweichung über dem Median der internationalen Referenzkurven der WHO liegen.

Angepasste Bewegungsangebote waren während der Pandemie wichtig

Das jüngste BMI-Monitoring zeigt, dass die Schweiz in Bezug auf das Gewicht von Kindern und Jugendlichen gut durch die Corona-Krise gekommen ist. Thomas Mattig, Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz, ist erfreut: «Es ist eine gute Nachricht, dass sich die Pandemie bisher nicht negativ auf das Körpergewicht der Kinder ausgewirkt hat! Dies zeigt eine gewisse Widerstands- und Anpassungsfähigkeit unserer Gesellschaft.» Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt zahlreiche Projekte und Kantonale Aktionsprogramme (KAP) zur Förderung einer ausgewogenen Ernährung und regelmässiger Bewegung von Kindern und Jugendlichen. Viele von ihnen haben ihre Angebote und insbesondere ihre Kommunikationsaktivitäten während der Covid-19-Pandemie angepasst und dabei oft auch das Thema zur psychischen Gesundheit aufgenommen, wie der «Corona-Ticker» von Gesundheitsförderung Schweiz zeigt. So wurde beispielsweise die Initiative Miteinander Turnen – zu Hause lanciert. Während die Hallen geschlossen waren, hat das Projekt Miteinander Turnen über Facebook und Instagram Spielideen und Bewegungstipps gepostet, um Familien dabei zu unterstützen, trotz der Einschränkungen miteinander zu turnen. Und Gorilla hat für Jugendliche E-Tutorials und Tipps zu den Themen Bewegung, Nachhaltigkeit und Entspannung sowie interaktive Unterrichtseinheiten erstellt und ermöglichte damit Jugendlichen einen interaktiven Schultag zu Hause sowie sich ausgewogen zu ernähren. «Gemeinsam mit unseren Partnern ist es uns gelungen», so Thomas Mattig, «die Angebote für die Kinder und Jugendlichen auch während der Pandemie erfolgreich weiterzuführen.»

Weitere Informationen

Für weitere Auskünfte oder Fragen steht Ihnen die Medienstelle von Gesundheitsförderung Schweiz per E-Mail medien(at)gesundheitsfoerderung.ch zur Verfügung.

Gesundheitsförderung Schweiz

Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Oberstes Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bern und Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen monatlichen Beitrag von 40 Rappen zugunsten von Gesundheitsförderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird. www.gesundheitsfoerderung.ch