Compassionate City Lab: Unterstützung für Angehörige von Menschen am Lebensende
Das Projekt Compassionate City ist eine Antwort auf das weitverbreitete Bedürfnis, bis zum Lebensende zu Hause zu bleiben. Am Lebensende verbringen Menschen die meiste Zeit mit Lebenspartner*innen, in der Familie, mit Freund*innen oder allein. Was sie neben einem guten Gesundheitswesen brauchen, sind unterstützende Nachbar*innen und eine Gemeinde, die sie in schweren Zeiten trägt. Die Stadt Bern und die Gemeinden im Frutigland möchten in Partnerschaft mit ihrer Bevölkerung die gemeinschaftliche Unterstützung am Lebensende verbessern. Deshalb arbeiteten die Gemeinden mit einem Forschungsteam der Berner Fachhochschule BFH und des Universitären Zentrums für Palliative Care des Inselspitals, Universitätsspital Bern, zusammen. Angehörige, die einen Menschen am Lebensende zuhause betreuten, wurden über ihre Erfahrungen und Bedürfnisse befragt. Daraus entstanden Informations- und Bildungsangebote zur Sensibilisierung der Bevölkerung. Das Projekt startete im Jahr 2020 und kommt im Sommer 2023 zum Abschluss.
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse und Erkenntnisse vorgestellt.
Das Projekt befasste sich mit der sozialen Unterstützung, die betreuenden Angehörigen aus ihrem sozialen Umfeld zukommt. Soziale Unterstützung ist ein entscheidender Faktor dafür, dass Angehörige Betreuungsaufgaben leisten können, ohne unter der Belastung selbst zu erkranken. Weil es aber vielen Menschen schwerfällt, Gespräche über Sterben, Tod und Trauer zu führen und dadurch wertvolle Unterstützung ausbleibt, fokussierte das Projekt auf die Entwicklung von Kommunikationsinstrumenten, die einen niederschwelligen und leichten Zugang zur Thematik erlauben. Ziel ist, in der Öffentlichkeit über Themen in Bezug auf das Lebensende ins Gespräch zu kommen. Solche Gespräche machen es um vieles leichter, Hilfe anzubieten und anzunehmen.
Rund um das Thema Lebensende braucht es mit anderen Worten Sensibilisierung. Diese Ausgangslage nahm das Projekt zum Anlass, Informations- und Bildungsangebote zu entwickeln, welche von Gemeinden oder Organisationen des Gesundheits-, Sozial- und Gemeinwesen ab sofort eingesetzt werden können. Durch Sensibilisierung und Transfer von Wissen leistet das Projekt somit einen wichtigen Beitrag, Angehörige, die einen Menschen am Lebensende zuhause betreuen, zu stärken.
Kurs gesundheitliche Vorausplanung
Im Kurs gesundheitliche Vorausplanung geht es darum, sich auf Situationen der Urteilsunfähigkeit sowie den Fall einer schweren Erkrankung vorzubereiten, für sich selbst oder seine Nächsten. Die Teilnehmenden erwerben Grundkompetenzen in Bezug auf die vorausschauende Planung in Erkrankungs- und Krisensituationen, lernen Instrumente der Vorausplanung (z.B. Patientenverfügung, Notfallplan) kennen und besprechen Wege, wie ein unterstützendes Netzwerk für den Krankheitsfall aufgebaut werden kann.
Der Kurs wird durch das Universitäre Zentrum für Palliative Care des Berner Inselspitals angeboten. Lokal verankerte Organisationen und Fachpersonen des Gesundheitswesens, welche an einer Kursdurchführung interessiert sind, erhalten weitere Informationen bei der Projektverantwortlichen des Universitären Zentrums für Palliative Care des Inselspitals Bern, Sibylle Felber: sibylle.felber@extern.insel.ch
Ausstellung «Zuhause sterben»
Die Wanderausstellung «Zuhause sterben» steht im Zeichen der Compassionate City, der mitfühlenden Gemeinde. Im Verständnis einer «Compassionate City» gehört das Lebensende mitten ins Leben und die gesamte Bevölkerung trägt in Phasen von Sterben, Tod und Trauer mit. Sie stösst den Dialog zu gegenseitiger Sorge und Generationensolidarität bei kritischen Lebensereignisse an.
Die Wanderausstellung schafft mit Stellwänden drei Räume, die einen Bogen spannen vom persönlichen, intimen Erleben des Sterbens bis zur gesellschaftlichen und öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Lebensende. Die Ausstellung kann an öffentlichen Orten wie in einem Kirchgemeindehaus, einer Bibliothek oder einem Gemeinschaftszentrum aufgestellt werden. Informationsmaterial steht zur Verfügung, Führungen von Freiwilligen können angeleitet werden.
Die Ausstellung gastierte im November 2022 im Berner Generationenhaus der Stadt Bern und wird im März 2023 im Kirchgemeindehaus Frutigen im Berner Oberland zu sehen sein. Gemeinden, welche die Ausstellung in ihr Dorf bringen möchten, können mit der Projektverantwortlichen der Berner Fachhochschule, Claudia Michel, Kontakt aufnehmen: claudia.michel@bfh.ch.
Film «bis zuletzt»
Der Ausgangspunkt des Films «Bis zuletzt» ist die Tatsache, dass die meisten Menschen am Lebensende zuhause sterben möchten, dass es aber für die wenigsten möglich ist. Angehörige stehen im Spannungsfeld dieses Widerspruchs, denn sie sind oft entscheidend dafür, ob der Wunsch in Erfüllung geht. Der Film porträtiert drei Angehörige, zeigt ihre Erfolge, aber auch ihre Belastungen. Dabei fokussiert er auf das Umfeld, das zur Unterstützung zur Verfügung steht. Der Film zeigt zudem auf, welche kommunalen Unterstützungsformen existieren, die sich als förderlich fürs Wohlergehen von Angehörigen erweisen.
Der von Claudia Michel und Oliver Slappnig produzierte Film ist Teil der Ausstellung «Zuhause sterben». Er kann aber auch unabhängig von der Ausstellung gezeigt werden. Im November 2022 wurde er im Kino Rex, Bern, und im Februar 2023 im Kino Langnau gezeigt. Er war ausserdem an mehreren Filmfestivals programmiert und wurde mehrfach ausgezeichnet. Im Internet wurde der Film bis Ende Februar bereits 145-mal heruntergeladen. Wer den Film gerne in seiner Gemeinde zeigen möchte, kann Claudia Michel kontaktieren: claudia.michel@bfh.ch .
Lernerfahrungen und wichtige Erkenntnisse
Im Lauf des Projekts, das im Sommer 2023 abgeschlossen wird, wurden wichtige Erfahrungen gemacht. So konnten wir feststellen, dass die Themen Sterben, Tod und Trauer viele Menschen ansprechen. Das Echo auf den Film «bis zuletzt» ist gross. Er ist in Kinos gezeigt worden, was ursprünglich nicht geplant war. Die Ausstellung im Berner Generationenhaus wurde gut besucht. Gegen 700 Personen besuchten die Ausstellung und verweilten länger, bis zu einer Stunde. Die Ausstellungsbetreuerinnen führten viele persönliche und intensive Gespräche mit den Besuchenden. Dadurch entstand ein Raum der Begegnung und der Vernetzung, in welchem Geschichten der Betreuung am Lebensende zum Ausdruck kamen. Gemeinden und Kantone haben Interesse angemeldet, die Ausstellung in ihren Dörfern aufzustellen. Es zeigt sich, dass Informationsangebote von hoher Qualität entwickelt wurden, die sich für eine Multiplikation eigenen.