Medienmitteilung Job-Stress-Index 2020–2022

Homeoffice: Fluch oder Segen? Eine Längsschnittstudie während der Covid-19-Pandemie gibt Aufschluss

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Bern, 22. November 2022. Die Covid-19-Pandemie hat den Arbeitsalltag vieler Erwerbstätiger in der Schweiz verändert. Wie sich dies auf das Wohlbefinden und die Produktivität ausgewirkt hat, zeigt eine Längsschnittstudie im Auftrag von Gesundheitsförderung Schweiz.
22.11.2022, 07:00

Im Februar 2020, unmittelbar vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie, hat Gesundheits-förderung Schweiz zusammen mit der Universität Bern1 und der ZHAW2 Erwerbstätige zu Belastungen, Ressourcen, Wohlbefinden und Produktivität befragt. Im Februar 2021 und im Februar 2022 wurden insgesamt 926 Teilnehmende derselben Stichprobe erneut befragt, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Erwerbstätigen in der Schweiz zu untersuchen.

Die Längsschnittstudie zeigt, dass durch die Covid-19-Pandemie die Arbeit im Homeoffice deutlich zugenommen hat. So arbeiteten die befragten Personen vor der Pandemie im Durchschnitt 0.54 Tage pro Woche im Homeoffice, 2021 waren es 1.47 Tage und 2022 1.36 Tage. Diese neue Arbeitsweise zeigte sich als Ressource und Stressor zugleich:

  • Gesparte Pendelzeit und ungestörtes Arbeiten
    Personen, die im Homeoffice arbeiten, sparen durch die Homeoffice-Tätigkeit im Schnitt 3.5 Stunden Pendelzeit pro Woche. Im Homeoffice ist zudem ungestörteres Arbeiten als im Büro möglich. Dieser Unterschied war 2022, als wieder vermehrt im Büro gearbeitet wurde, noch sichtbarer als 2021.
  • Erhöhte Belastung durch soziale Isolation
    Im gleichen Schritt erlebten viele Arbeitnehmende während der Pandemiezeit im Jahr 2021 eine erhöhte soziale Isolation. Es sind 46% über alle Arbeitnehmenden hinweg und sogar 52% der Menschen, die im Homeoffice arbeiteten. Im Jahr 2022 nahmen diese Zahlen im Zuge der Massnahmenlockerungen wieder ab. Insgesamt fühlten sich die befragten Personen im Jahr 2022 signifikant weniger sozial isoliert als im Jahr 2021.

Der Wechsel von 0% auf 100% Homeoffice erweist sich für Personen mit vielen Belastungen als zusätzlicher Stressor, hingegen für Personen mit vielen Ressourcen stärkt es die Produktivität.

Die gesundheitsbedingten Produktivitätsverluste (in % der Arbeitszeit) lagen 2020 und 2022 auf ähnlichem Niveau, vergleichbar mit dem Zeitraum 2014–2016 (siehe Abbildung). Eine Ausnahme bildet das Jahr 2021, in welchem deutlich weniger Präsentismus und Absentismus beobachtet wurde. Von 2021 zu 2022 sind die gesundheitsbedingten Produktivitätsverluste dann wieder signifikant angestiegen und bleiben auf einem entsprechend hohen Niveau.

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Ressourcen der Mitarbeitenden zu stärken, wird immer wichtiger und lohnt sich doppelt

  • Ein verbessertes Verhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen hat einen positiven Effekt auf die Gesundheit (emotionale Erschöpfung) der Arbeitnehmenden und bereits kleine Veränderungen wirken sich positiv auf die Gesundheit aus.
  • Eine Investition in bessere Arbeitsbedingungen mittels der Reduktion der Belastungsfaktoren und Stärkung der Ressourcen lohnt sich direkt auch für die Wirtschaft und verringert die Produktivitätsverluste.


Systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) als Ziel

Prof. Dr. Thomas Mattig, Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz, betont: «Ein günstiges Verhältnis von Belastungen und Ressourcen macht sich für Unternehmen jederzeit bezahlt: Es ist ein Schutzfaktor für die Gesundheit der Mitarbeitenden, der auch oder gerade in aussergewöhnlichen Belastungs- und Krisensituationen zum Tragen kommt.» Es lohnt sich für Unternehmen daher in vielfacher Hinsicht, Belastungen zu reduzieren und Ressourcen zu stärken.

Ein erster Schritt dafür ist die Analyse der Belastungen und Ressourcen bei den Mitarbeitenden, beispielsweise mit der Job-Stress-Analysis (www.fws-jobstressanalysis.ch). In einem nächsten Schritt bewährt sich die Integration der Gesundheitsförderung in Strukturen und Prozesse, so dass ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement systematisch aufgebaut und umgesetzt wird. Ein Qualitätsstandard wie das Label Friendly Work Space (www.friendlyworkspace.ch) kann dahinhinführen und die erfolgreiche Umsetzung auszeichnen.


Weitere Informationen

Faktenblatt «Arbeitsbedingungen, Wohlbefinden und Produktivität während der Covid-19-Pandemie»

Weitere Informationen zum Job-Stress-Index finden Sie auf der Website Friendly Work Space.

Für weitere Auskünfte oder Fragen steht Ihnen die Medienstelle von Gesundheitsförderung Schweiz per E-Mail medien(at)gesundheitsfoerderung.ch zur Verfügung.

Gesundheitsförderung Schweiz

Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Oberstes Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bern und Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen monatlichen Beitrag von 40 Rappen zugunsten von Gesundheitsförderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird.
www.gesundheitsfoerderung.ch


1 Lic.phil. Sibylle Galliker, Dr. Ivana Igic, Prof. Dr. Achim Elfering, Prof. em. Dr. Norbert Semmer

2 Dr. Beatrice Brunner, Dr. Christoph Thommen